Montag, 29. Februar 2016

26. Der römische Acker bei Götterswickerhamm

Eine ganze Weile habe ich nun schon keine Funde mehr gepostet und erst recht keine, die eine wirklich historische Bedeutung haben. Deswegen möchte ich mit einem Acker weitermachen, den ich mit ein wenig Unterstützung begangen habe. Wir wollten eigentlich einen alten Weg verfolgen, da diese gerne mal fundreich sein können, sind aber aufgrund eines Lesefehlers der Karte auf das Feld nördlich davon gegangen. Schon nach den wenigen Metern zeigte sich uns ein "vermülltes" Feld. Es lag viel Bauschutt herum und dazwischen immer mal wieder Niederrheinische Irdenware (Keramik des 17., 18. und 19. Jhds), sowie hier und da Steinzeug (14.-19. Jhd.). In diesem vorderen Teil des Ackers lag daher wenig brauchbare Keramik und Metallfunde, sodass wir uns den übernächsten Abschnitt vornahmen.

Der Teil dazwischen war frisch gepflügt und eine Begehung machte da eher weniger Sinn, zumal es da auch blöd drauf zu laufen ist. Der Bereich danach war auf jeden Fall interessanter, da sich hier Keramik finden ließ, die deutlich älter zu sein schien. Die folgenden Wochen, bis vor ein paar Tagen, ging ich sogar davon aus, dass sie bis ins Frühmittelalter reicht. Wünschenswert wäre auch was germanisches oder römisches gewesen, da sich auf der Fläche auch einen römischen Follis fand, der vermutlich zwischen 300 und 400 n. Chr. geprägt wurde. Leider ließ sich das Portrait des Kaisers nicht genau identifizieren, was eine Altersbestimmung schwer bis unmöglich macht. Natürlich wird diese Münze mit der Keramik bei den Fachleuten eingereicht. Vielleicht können diese da noch etwas identifizieren. Erst in der letzten Woche erfuhr ich während meines Praktikums in der Außenstelle Xanten des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege, dass es sich nicht um frühmittelalterliche, sondern römische Keramik handelt. Eine genaue oder ungefähre Datierung konnte mir der Mann nicht geben, da er darin kein Fachmann sei. Auch hier werde ich mich noch einige Monate in Geduld üben müssen. Über das Ergebnis werde ich dann wahrscheinlich Ende diesen Jahres noch berichten können. Zumindest ist damit eine ältere Besiedlung des Raumes um Götterswickerhamm nachgewiesen, die vielleicht erst in der Spätantike stattfand oder begann wie sich an der Münze möglicherweise datieren lässt. Dies war bislang nur aufgrund einer Urkunde vermutet worden. In dieser heißt es:
Das Gericht fand unter feierlichen Formen des alten Gerichtsverfahrens statt, bei der Kirche von Götterswickerhamm auf der Königstraße [heute: Unterer Hilding], an althergebrachterThingstätte. (Isselhorst, Ingolf: Die alten Voerderer, S. 9f.)
Zu diesem einzigen Hinweis auf eine Besiedlung dieses Gebietes in römischer Zeit, der auch noch recht vage ist, da die Urkunde aus dem 14. Jahrhundert stammt, also über eine Zeit zu berichten scheint, die ca. 1000 Jahre vorüber ist, gesellen sich nun viele kleinere Beweise, die diese doch recht vage Interpretation bekräftigen, wenn nicht sogar beweisen.

Wie man an der eisenzeitlichen Keramik sehen kann, wurde dieser Ort wohl schon im 1. Jahrtausend vor Christus besiedelt. Eine Archäologin sagte mir aber auch, dass sich diese Keramik von der germanischen nur recht schwer unterscheide. Die germanische Keramik ist nämlich ebenso handaufgebaut und nicht auf einer Drehscheibe gedreht wie die eisenzeitliche und daher ebenfalls recht brüchig/weich. Allerdings nahmen auch die Germanen im späten 1. Jhd. n. Chr. z.B. in Mehrum mehr und mehr die römische Keramik und ihre Fertigung an. Es scheinen also zunächst einmal viele Antworten gefunden worden zu sein, aber genauso viele Fragen sind wieder entstanden. Wann siedelten die Germanen/Römer dort? Lag ihre Niederlassung an dieser Stelle oder etwas weiter entfernt? Dehnt sich dieser Keramikschleier auch auf die Nachbarfelder aus? All das, kann erst im Laufe des Jahres, bzw. des nächsten, beantwortet werden. Ich bin gespannt.

Avers des römischen Follis

ein Versuch das Kaiserportrait ein wenig einzurahmen

Revers des römischen Follis

Follis des Galerius (reg. 305-311)


Eisenzeitliche Keramik
Eisenzeitliche Keramik

Auswahl der römischen Keramik

Auswahl der römischen Keramik

evtl. vom gleichen Gefäß, an der oberen Scherbe ist die Riffelung innerhalb des ursprünglichen Gefäßes zu erkennen


Rand- und Bodenscherben



Rand- und Bodenscherben


Profil eines Randstückes. Hier schön erkennbar: der obere Randabschnitt wurde geglättet, sodass ein Deckel auf das Gefäß passte

Profil eines Randstückes

Auswahl der römischen Keramik

Auswahl der römischen Keramik

drei Rand- und eine Henkelscherbe

drei Rand- und eine Henkelscherbe

Auswahl der hochmittelalterlichen Keramik. Am Lineal (unten) ein Bodenstück und markante Randstücke

Links: Steinzeug (Spätmittelalter bis 19. Jhd.) Rechts: Irdenware (18./19. Jhd.)



Mittwoch, 24. Februar 2016

25. Impressionen zu den Vorträgen vom 10. und 17.02.

 Während der 1. Vortrag eher mäßig besucht war, erfreuten mich die doch vielen Gesichter beim 2. Vortrag. Ein herzliches Dankeschön an alle, die da waren und sich dafür interessiert haben. Sollten weitere Vorträge anstehen, werde ich natürlich gerne hier darüber berichten.









Montag, 8. Februar 2016

24. Wie? Wat is dat denn?

Das werden jetzt vielleicht manche denken, wenn sie sich den Scan und den Text dazu durchlesen werden. Es hat aber durchaus einen Sinn, dass er hier auftaucht, denn ich möchte hier einen weiteren Aspekt des Hobbys "Sondengehen/Sondeln" beleuchten, den der Recherche.

Es funktioniert auch umgekehrt: Viele Sondengänger, bzw. alle, die auch wirklich sicher sein wollen etwas zu finden, recherchieren bevor sie suchen gehen. Das geschieht gerne mal in den unwirtlichen Monaten des Jahres, wenn der Boden hart und gefroren ist oder aber auch in den wirtlichen, wenn der Acker schon bestellt ist. Häufig werden alte Chroniken durchgeblättert, in der Hoffnung auf ein interessantes Ereignis oder an ein Gebäude wie eine Motte, die heute nicht mehr besteht. Natürlich hilft es auch Funde besser in die Dorfgeschichte einzuordnen wie es mir bereits bei den Franzosenknöpfen gelang. (hier, hier) Links, bitte klicken.

Es ist daher gerade bei Nachforschungen in alten Quellen, die bisher niemand transkribiert hat, geradezu unerlässlich, die alte Schrift lesen zu können. Ein Beispiel sei hier gegeben, welches mir dankenswerterweise von einem Landwirt zur Verfügung  gestellt wurde, welches ich für ihn auch transkribiert habe. Zu erwähnen sei hier noch, dass es bis 1901 keine geregelte Orthographie auf deutschem Raum gab (hier nachzulesen: Orthographische Konferenz von 1901) und bereits vorher viele nach Gehör schrieben. Auch der Buchstabe "u" wurde selten bis gar nicht benutzt, denn man kannte diese Unterscheidung in der lateinischen Schrift nicht. Es wurde für beide Laute ("u" und "v") der Buchstabe "v" verwendet. Vermeintliche Schreibfehler sind daher beabsichtigt, da diese auch im Original vorkommen. So lautet Köln "Cölln" oder Kirchspiel "Kerspel".

Thema ist dabei der Verkauf des Holtsteeger Kate (Lage wird ganz unten noch einmal geklärt) in Spellen von Peter Weihe an Albrecht Hüchtenbrock im Jahre 1612. Diese wurde dann an seinen Sohn Albert Gisbert Hüchtebrock vererbt und hier im Jahre 1652 noch einmal bestätigt.



Wir Philips Herchenbuks Hoffrichter Derich Weyers Vnd
Peter zu Hausses, beide Lathen der hochwürdigen HochWohlgeborenen Frau-
wen Abbatissinnen, alß auch dessen Woll Ehrwürdigen Hoch vnd wollgelehrten
Herren Seniorrs vnd Capittuls des Kaiserlichen Freyen Adelichen welt-
lichen Stiffts zu Sandt Merrirs[1] in Capitolio binnen Cölln. Hoffgerichts
zu Winnerstwick. Thun kundt zeugen vnd bekennen Krafft dieses
Brieffs, Nachdem der HochwolEdelgeboren vnd Gestrenger Herr Albrecht
Huchtenbroich[2] Landrost zu Schermbeck Anno[3] 1612[4] durch getroffenen Kauff
an sich bracht, von dem Hochgelehrten Herrn Doctores Peter Weihe, die Kaat-
stadt die HoltSteegh genant im Kerspel Spellen gelegen. Weils vermut-
lich beide Handen Affgestorben. Hat der Jtziger auch HochwolEdelgeboren
[5] vnd Gestrenger Her Albrecht Huchtenbroich Erbkamerher ihro Furste Dhlt.[6]
zu Cleve, Herr zu Gartrop [7] de nous zwey henden gewonnen ahn glten[8]
Kaatstadt. Vnd sich selbsten neben seinen eltisten Sohn Albrecht Jürgen Huchten-
broich, nach Verthatiganck[9] Vnd[10] außrichtungs davon Leibgewins gerechtigkeiten, vor-
mongh vnd ferneren inhalts Latenbuch daran behanden lassen vnd in gedachtes La-
then vnd Gewinsbuch schreiben vnd versicheren lassen. Sonder geferdt vnd avgelist    
In Verkundt der Warheit haben wir Hoffrichtter vnd Lathen vurßl[11] Vnsere ge-
wonliche Siegelen an dieses tegenswordigen Leibgewinsbrieff auß begheren vnd ent-
fangener gerechtigkeit halben wissentlich thun hangen. So geben Rheinberck in
dem iahr nach der heilsamer geburt Vnsers Herrn und erlösers Jesu Christi Tausent
Sechshundert fünffzigh zwey. ahm zwelfften tagh Monats Marty.



Quelle: Privatbesitz, Herr Bernhard Jordans, Heeger Hof Mehrstraße 80, 46562 Voerde-Spellen

[1] Name nicht eindeutig lesbar
[2] evtl. auch Hüchtenbroich, folgendes wäre dann im Folgenden zu ersetzen (tatsächlicher Name: Hüchtenbrock)
[3] es steht nur „An“, auf dem „n“ ist aber ein Abkürzungszeichen wohl für „Anno“
[4] oder 1617?
[5] an der Seite ist zwischen dieser und der oberen Zeile noch „Gysbert“ eingefügt
[6] Durchlaucht
[7] hier steht ein kleingeschriebenes „e“ in Übergröße
[8] evtl. gemelten
[9] evtl. auch Verthetiganck, erster Buchstabe könnte auch ein „u“ sein
[10] ist zwischen diese und der oberen Zeile eingefügt
[11] nicht eindeutig lesbar

Aktuelle Karte der Stadt Voerde mit Lage des abgebrochenen Holtsteeger Hofes

Lage des Holtsteeger Hofes in der preußischen Uraufnahme um 1840

1893

in der preußischen Neuaufnahme um 1900

Luftbild von 1926, der Hof wurde um 1915 abgebrochen und ist hier nicht mehr zu sehen

aktuelles Luftbild der Stelle, wo der Hof einst stand