Montag, 16. November 2015

13. Die Römer bei uns in Voerde

Ja, man mag es gar nicht glauben, aber die Römer haben sich auch mal zu uns auf die andere Rheinseite getraut. Viele denken immer gleich an Xanten, wenn das Stichwort "Römer" fällt. Dennoch können auch wir einige Funde bei uns vorweisen. Zumindest sollen hier die römischen Münzfunde aus dem Raum der Stadt Voerde behandelt werden. Inwiefern sie hier hingelangt sind, kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Es können nur Vermutungen angestellt werden, die in Betracht gezogen werden müssen.

Zum einen sei hier die Münze des Domitian genannt, welche nahe des Spellener Ortskernes bei Ausschachtungsarbeiten für das Haus Pastwa in der Hahnenstraße gefunden wurde. Er war von 81-96 n. Chr. römischer Kaiser. Durch eine Angabe auf der Münze (CO[n]S[ul] XVII) können wir die Münze sogar recht genau datieren. Er hatte im 17. Jahr das Amt des Konsul inne und sie stammt damit quasi aus seinem letzten Lebensjahr 95/96 n. Chr. Die Münze selbst ist recht abgegriffen und gelocht, was zum einen auf eine schlechte Erhaltung oder einen langen Gebrauch schließen lässt. Die Lochung ist wohl dadurch zustande gekommen, dass sie als Anhänger getragen wurde. Der Fundort selber verwundert nicht direkt, da sich in unmittelbarer Nähe in den Sanddünen eine kleine eisenzeitliche Besiedlung um 400 v. Chr. durch Rudolf Stampfuß feststellen ließ. Möglicherweise wurde diese Gegend zu Römer-/Germanenzeiten weiter/wieder besiedelt. Rudolf Stampfuß geht aufgrund der schlechten Erhaltung von einer Nutzung bis ins zweite Jahrhundert aus. (Heimatkalender Kreis Dinslaken 1957, S. 31)

Damit kommen wir auch schon zur zweiten Münze. Ein Denar (Silbermünze) des Marc Aurel, vielen vor allem durch seinen Titel als "Philosophenkaiser" bekannt. Er regierte von 161-180 n. Chr. Auch diese Münze kann recht gut datiert werden, sodass sie um die Jahre 167/168 n. Chr. geprägt wurde. Gefunden wurde sie auf dem Bahndamm, ca. 30m südlich der Unterführung an der Rheinstraße am ehemaligen Spellener Bahnhof. (Die genaue Angabe stammt aus den Aufzeichnungen von Hermann Hallen. Einsehbar im Dorfarchiv Spellen.) Ob diese Münze durch Aufschüttungen aus dem umliegenden Umland oder von weiter her an diese Stelle kam, ist nicht eindeutig zu beurteilen. Dennoch ist ersteres anzunehmen, wenn man die schlechte Erhaltung des Domitian auf eine lange Nutzung bis ins zweite Jahrhundert n. Chr. zurückführen möchte, sodass diese Münze evtl. im gleichen Zeitraum hier verloren wurde.

Doch wie gelangten diese Münzen nun nach Voerde? Wilhelm Kolks schreibt dazu in seinem Buch "Wo der Kirchturm von Sankt Peter...", dass es nicht weiter verwunderlich sei im Voerder Raum auf Römer zu treffen, reichte die römische Heerstraße doch von den Aaperhöfen über die Lippe, die Spellener Heide, also dem heutigen Friedrichsfeld über Eppinghoven, Kreyenberg, Altenrade und Neumühl bis zur Emscher. Die Quellenangabe zu dieser Begründung liegt aus einem Buch von 1868 vor. Ob es daher noch auf dem entsprechenden Stand ist, kann bezweifelt werden. Auch hier müssen wir uns wieder klarmachen, dass die Heerstraße eher um die Zeitenwende Bestand gehabt haben dürfte, da sich die Römer nach der Varusschlacht 9 n. Chr. in unserer Gegend immer weiter Richtung linker Niederrhein zurückzogen.
Eine weitere interessante Begründung liegt in der Broschüre "Die Kirche Götterswickerhamm" vor. Dort heißt es auf S. 8:
"Ein weiterer Beleg der Germanisierung des Niederrheins ist die ehemalige Thingstätte in Götterswickerhamm an der Straße Unterer Hilding. In dem Thing  (Gerichtsverhandlung) wurden bei den Germanen unter Vorsitz des Stammesoberhauptes Gesetzesbrecher verurteilt und Streitigkeiten geschlichtet. Römische Münzen aus der Zeit zwischen 81 und 96 sowie 161 und 180 n. Chr., ausgegraben bei Bauarbeiten an der Hahnenstraße in Spellen und am Bahnkörper Wesel-Spellen-Walsum, geben Aufschluss vom Handel der rechtsrheinischen Bevölkerung mit den Römern. Letztere verloren die Herrschaft am linken Niederrhein seit 259 Zug um Zug an die Franken, die auch später den Rhein überquerten."

Interessanterweise steht nirgends etwas darüber, dass diese Münzen hier durch Handel hierhin gelangt sein könnten. Es wird aber als Tatsache gesehen, die weder bewiesen, noch von einer anderen Quelle zitiert wird.

Die These von Kolks macht, wie schon beschrieben, wenig Sinn, da die Heerstraße gar nicht mehr genutzt wurde, als die Münzen hierher gelangten. Ob sie durch Handel mit den Germanen zu uns gelangten, kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Eine Ausgrabung eines germanischen Grubenhauses in Voerde-Friedrichsfeld ließ eher weniger römische Waren, als einheimische, vorfinden. Diese These darf daher auch bezweifelt werden. Fakt ist aber auch, dass die Römer auch nach der Varusschlacht noch den Wunsch hatten, Germanien zu erobern und das Land zu befrieden. Dies zeigt sich am besten mit dem Eroberungszug unter Maximinus Thrax, wo auch die kürzlich entdeckte Schlacht am Harzhorn hineinpasst. Dies ist allerdings hundert Jahre zu spät für unsere Münzen. Eventuell gab es ja im 2. Jahrhundert einen kleinen Feldzug?

Die entsprechende Seite aus dem Heimatkalender des Kreises Dinslaken von 1957